IMHO - in my humble opinion -
Mein Blog zum Thema Privatsphäre, Internet und Humor.

++ USA modernisiert Greencard-Lotterie - mit Folgen ++
 

Die Umstellung auf eine reine Internetlösung benachteiligt Interessenten aus weniger entwickelten Ländern. Die oft zitierte digitale Kluft in der Bevölkerung, die sich zwischen den Nutzern der modernen und den Anhängern der traditionellen Kommunikationsmitteln geöffnet hat, wird erstmals deutlich sichtbar.

Mit dem sogenannten Diversity Immigrant Visa Program (DV) versucht die USA schon seit Jahren, die Auswirkungen der einseitigen Zuwanderung aus einem guten Dutzend von Ländern (u.a. China, Kolumbien, Vietnam und Mexiko) mit einer Verlosung von 50'000 permanenten Aufenthalts- und Arbeitsbewilligungen zu durchbrechen. Das Ziel ist es, dem Schmelztiegel – mit dem die amerikanische Gesellschaft oft verglichen wird – zusätzliche Einwanderer aus schwächer vertretenen Regionen beizumischen. Um diesem Ziel möglichst nahe zu kommen, wird die im Volksmund „Greencard-Lottery“ genannte Auslosung traditionellerweise für die Bewerber kostenlos durchgeführt.

Allerdings mussten genaue Vorgaben bezüglich der Gestaltung des Bewerbungsformulares und des verwendeten Briefumschlages eingehalten werden. Fehlerhafte Adressierung, falsch dargestellte Bewerbungsbogen etc. führten jeweils automatisch zur Disqualifikation der entsprechenden Interessenten. Das gleiche galt für Bewerber, die zwei oder mehr Bogen einsanten. Sie wurden jeweils nicht berücksichtigt – aufgrund der Flut von Bewerbungen erfolgte verständlicherweise auch keine Rückmeldung.

Wie die Visa-Abteilung des State Departents jetzt auf der Internetseite ankündigt, werden ab diesem Jahr (DV 2005) keine Anträge in Papierform mehr angenommen. Dies hat den Vorteil, dass die Bewerber schon bei der Erfassung der persönlichen Daten auf Fehler aufmerksam gemacht werden können.

Die früher notwendige persönliche Unterschrift fällt weg, das Foto muss elektronisch übermittelt werden. Für das Foto gelten immer noch strenge Regeln (Blick in die Kamera, mindestens die Hälfte des Bildes wird durch den Kopf ausgefüllt, heller Hintergrund etc.), die bereits vor Beginn der Verlosung zu einem Scheitern des Antrages führen können.

Die Anträge können ab 1. November 2003 bis 30. Dezember 2003 online ausgefüllt werden, das Foto wird während der Erfassung der persönlichen Daten auf den Server hochgeladen. Anschliessend erfolgt die Auslosung und die glücklichen Gewinner werden zwischen Mai und Juli 2004 schriftlich informiert.

Durch diese Umstellung spart der Amerikanische Staat eine ganze Menge an Steuergeldern, denn das umständliche Öffnen der Couverts und die Verarbeitung der Anträge entfällt. Durch die Online-Erfassung steht der Amerikanischen Regierung ausserdem ein grosser Fundus an persönlichen Daten, inklusive Foto, zur Verfügung. Es ist denkbar, dass die Gesichter auf den Fotos automatisch vermessen und die daraus gewonnenen biometrischen Daten – beispielsweise bei der Einwanderungsbehörde - weiterverwendet werden können.

Diese Entwicklung verstärkt die Überwachung der (zukünftigen) Bürger und schliesst dabei gleichzeitig die weniger privilegierten Einwohner von unterentwickelten Ländern – mangels Zugang zum Internet – von der Auslosung aus.

Trotz allen Erschwernissen ist damit zu rechnen, dass die eigens dafür eingerichtete Website bestürmt wird und es zu Beginn (und vor allem gegen Ende) zu Verzögerungen kommen kann. Es ist aber davon auszugehen, dass die amerikanische Regierung eine genügend starke Datenbank- und IT-Infrastruktur aufgebaut hat um dem Ansturm gewachsen zu sein.

Ansonsten blüht der amerikanischen Regierung dasselbe, was die Wahlbüros der Kantone Zürich, St. Gallen und Thurgau bei der Online-Erfassung der Nationalratswahlzettel mitgemacht haben: lange Wartezeiten während der Erfassung und Auswertung der Daten.

Nur würde dies, in der Grössenordnung der USA, zu einem ziemlichen Debakel führen und damit dem Image des technologischen Vorreiters der westlichen Welt zusätzlichen Schaden zufügen. Etwas das weder die Bush-Regierung, noch der Redmonder Softwareriese („Wir sparen einen Cent.. - pro Transaktion!“) noch die OpenSource-Gemeinde im Moment brauchen kann.

posted by Kaspar on www.imho.ch | direkter Link: Donnerstag, Oktober 30, 2003 top
        
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